Sonnenmilchwetter

26Feb2016

Ein Blick aus dem Herbergsfenster bestätigt: Tel Aviv macht ernst. Marathon ist wichtig, Marathon geht vor. Alles dicht und gesperrt rund um uns herum. Ein Blick auf die Karte zeigt aber: Der Bus steht doch nicht so weit weg. Also machen sich unsere 20 Unentwegten samt Koffer, Jacken, Rucksäcken und Wasserflaschen Richtung Parkplatz auf. Nicht sehr komfortabel, aber immer noch die beste Lösung, in der Hoffnung, dass man uns den Weg nach Haifa freigibt. Denn da müssen wir hin.

In diesem Zusammenhang möchte ich – sicher auch im Namen der Reisegruppe – zwischendurch mal ein Loblied auf den Erfinder der Koffer-Rolle singen. Ohne ihn (oder sie?) hätten die zwei Kilometer wesentlich länger gedauert. der gute Mann / die gute Frau ist am Ende auch noch Israeli. Wundern täte es uns nicht, denn wer so Dinge wie Whatsapp erfindet, der hat unzweifelhaft einen Sinn fürs Praktische entwickelt.

Von weitem sehen wir sie rennen. Es sind hunderte, tausende, die in roten Sicherheitswesten an uns Koffer-Rollern in beeindruckendem Tempo vorbeirauschen und allgemeines Kopfschütteln verursachen. Warum machen die das? Bei dem Wetter? Halb neun morgens und schon weit über 20 Grad…

Wir erreichen den Bus, müssen aber feststellen, dass wir von Polizei und Läufern quasi umzingelt sind. Wir scheinen auf längere Zeit fest zu sitzen. Mahdi, unser Fahrer, will mal mit den Sicherheitsleuten verhandeln. Zusammen mit der Kollegin Frau Behrendt verschwindet er um die Ecke, um nach wenigen Minuten mit einer guten Nachricht zurück zu kommen: Es geht. Wir dürfen. An dieser Stelle, geneigter Leser und geneigte Leserin, würde sich eine chauvinistische Bemerkung anbieten, in der es um blonde deutsche Frauen und junge israelische Verkehrspolizisten gehen würde. Diese Bemerkung fiel aber der Zensur zum Opfer.

 

Und so schaukeln wir gemütlich an kilometerlangen Staus auf der Gegenfahrbahn vorbei das erste Teilstück Richtung Norden nach Hause. Caesarea Marittima ist ein antiker Hafen – von Herodes (nicht von dem Bösen aus der Bibel … - das war ein anderer) erdacht und erbaut, eine Kreuzfahrer-Stadt, später auch eine Hochburg des Islams -- und war vor 2000 Jahren DIE Party Location für die Bewohner während der römischen und byzantinischen Besatzungszeit. Das beeindruckend große Hippodrom lässt noch erahnen, was damals hier los gewesen sein muss. Unsere Reisegruppe genießt den Meerblick und die Sonne und hört dabei Lisas Vortrag über Caesareas Aufstieg und Verfall.

Liebe Eltern. Wenn Sie hier mitlesen, so nehmen Sie es mit Beruhigung zur Kenntnis, dass der ein oder andere jugendliche Reisende sogar an Sonnenmilch gedacht hat. Gar nicht so verkehrt bei inzwischen 26 Grad.

Das Aquädukt, das Herodes für seinen Hafen anlegen ließ, steht in Teilen heute noch. Was zweitausend Jahre überdauert hat, das geht auch nicht durch Touristen kaputt. Das klingt logisch und daher benutzt unsere kleine Delegation das Gemäuer für eine Kletterpartie. Hocherfreut werden sie von ein paar lässigen arabischen Jungs in ihren coolen Mitsubishis und Toyotas beobachtet. Als der weibliche Teil unserer Delegation in luftiger Höhe auch noch ein kleines Tänzchen aufführt, sind die jungen Männer kurz davor, aus dem Häuschen zu geraten. Wir besteigen daher schnell wieder den blauen Bus und suchen das Weite…

  

 

… das eigentlich ganz nah liegt. Schon eine halbe Stunde später fahren wir an der Reali School vor. Applaus brandet auf und wir fühlen uns wie die Königinnen und Könige, als wir den Bus verlassen. In wenigen Minuten finden sich Gastgeber und Gäste. Yehuda hat die Zuordnung prima hingekriegt, so hat es den Anschein. Noch eine kurze Ansprache und schon rollen die Autos vom Schulparkplatz. Schabat Schalom.