Berichte von 02/2016

Bald geht es los

14Feb2016

Dies ist der erste Eintrag im neuen Blog. In diesem Jahr schicken wir eine ziemlich damenlastige Gruppe auf die Reise. Nur fünf Herren trauten sich 2016, die Reise anzutreten. Ob sie mit den 15 jungen Damen klar kommen? Du wirst es erfahren, lieber Leser, und zwar hier.

Dicke Jacke?

19Feb2016

Das Klimadiagramm im Atlas gibt die Durchschnittstemperatur für unser Reisegebiet und die Reisezeit Februar / März mit 15 Grad an. Wie schön, dass solche Temperaturen aus dem Mittelwerten der letzten 20 Jahre errechnet werden. Denn diese Werte haben mit der aktuellen Temperatur überhaupt nichts zu tun.

Gestern meldete unser Standort Haifa unglaubliche 26 Grad. Für Ende Februar ein sensationeller Wert - selbst für Israelis.

Das stellt uns beim Kofferpacken vor einige Probleme. Dicke Jacke ja oder nein? Pullover, Mütze, Handschuhe? Oder das trägerlose Top und die kurze Hose? Oder einfach alles rein in den Koffer? Lichtschutzfaktordreißigcreme und Sonnenbrille - braucht man das?

Das mit den Tops und den Hosen haben wir geklärt. Höchstens mal am Strand ist das angesagt. Dicke Jacke muss aber auch nicht sein. Wir lassen das mal auf uns zukommen.

Shalom Tel Aviv

25Feb2016

 

Etwas verschlafen aber pünktlich treffen unsere 20 Abenteurer samt Entourage am Terminal C ein. Es ist 5.30 Uhr – eine unchristliche Zeit. Es ist dunkel und so kalt, dass mancher frühmorgendliche Chauffeur schon eine sportliche Leistung hinter sich hat, noch ehe ein einziger Meter Strecke zurückgelegt wurde. Eiskratzen um fünf Uhr morgens – Auch das noch.

Schwer bepackt mit bis zu 22 Kilo Koffergewicht („Süßigkeiten – damit ich nicht verhungere“) und mit Schals und Mütze reihen wir uns in die relativ kleine Schar der Mitreisenden am Abfertigungsschalter ein. Es dauert trotzdem etwas länger als geplant. Johannas Koffer macht Zicken – vielleicht war er es aber auch nicht. Jedenfalls bricht die Abfertigungsmaschine genau dann zusammen, als sie ihre Habe aufs Band wuchtet. Am Ende kommen wir aber dennoch heil zum Abflug-Gate und in den Airbus A319.

Vier Stunden später hat sich die Szene grundlegend geändert. Musste unser Flieger in Düsseldorf vor dem Start noch vom Eis befreit werden, so scheint er jetzt zu schwitzen. Genau wie unsere kleine Reisegruppe. Verschwunden sind Schals und Mützen, weg sind die Jacken. Angenehm warme Luft bläst uns entgegen, nachdem wir die Zöllner von unserer Harmlosigkeit überzeugen konnten. Mindestens 20 Grad, Tendenz steigend. Über Whatsapp begrüßt uns Reali Lehrer Yehuda mit einem „It’s warm – and getting warmer“. Da soll er Recht behalten. Schnell ist der blaue Bus gefunden, der uns nach Tel Aviv City bringen soll.

Eine weitere Stunde später finden wir uns in einem arabischen Touristenrestaurant in Jaffa direkt neben Tel Aviv wieder. Hier soll es etwas für den kleinen Hunger geben, meint unser Busfahrer, der auch schon einen Preis für Falafel und Shwarma ausgehandelt hat. Wir schrauben noch etwas am Preis, denn Handeln ist ja wichtig. Ein kleiner Snack mag jetzt nicht verkehrt sein, obwohl es gleich auch noch Abendessen in der Jugendherberge gibt. Klar, dass der Restaurantchef über drei Ecken mit dem Busfahrer verwandt ist – oder vielleicht kennt er auch nur jemanden, der mit ihm verwandt ist. Jedenfalls fällt die erste Begegnung mit einheimischer Kost zufriedenstellend aus. Drei minus sozusagen. Mächtige Teigtaschen mit sättigendem Inhalt, in drei Minuten zusammengerollt. Beim Bezahlen lernen wir auch, mit dem neuen Geld umzugehen. Große Münzen, die nichts wert sind, kleine Münzen, die nach nichts aussehen, aber viel wert sind. Naja – damit kommen wir dann irgendwann auch klar.

Das Mittelmeer leuchtet uns schon dunkelblau entgegen, als wir den Laden verlassen und zum Strand laufen. Eine entspannte halbe Stunde später sind die ersten Bilderserien im Kasten und die Sonne beginnt, Richtung Horizont zu sinken. Jetzt sieht das alte Jaffa mit seinen tausend Jahre alten Gassen, der ebenso alten Moschee und dem rotweißgeringelten Leuchtturm sogar noch besser aus. Alina hat das erste von 20 Referaten ordentlich hinter sich gebracht. Wir wissen daher jetzt, dass das riesige Häusermeer von Tel Aviv erst in den letzten Jahren so richtig groß geworden ist. Früher war hier nur Wüste.

 

Die Herberge liegt einige Kilometer Richtung Stadtmitte –der blaue Bus bringt uns rechtzeitig zum Abendessen hin. Der Laden sieht ordentlich aus, die Zimmer sind es auch. Nichts Besonderes, aber wir haben ja auch keine fünf Sterne gebucht. Der österreichische Koch freut sich darauf, dass die deutsche Gruppe pünktlich um Viertelnachsieben zum Essen erscheint. „Wie sich das gehört“, fügt er verschmitzt hinzu. Kochen kann er auch. Es gibt Rind, Huhn, Vegetarisches, ein Salatbuffet, Antipasti (die hier wahrscheinlich anders heißen) und knallbunte Limo.

Morgen ist hier der alljährliche Tel Aviv Marathon. Über 40.000 Teilnehmer rennen durch die Straßen – leider werden sie auch in der Nähe der Herberge laufen. Das heißt: Hier ist alles gesperrt – man kommt nicht mehr vor noch zurück. Der blaue Bus steht jetzt irgendwo außerhalb und kann uns morgen nicht vor der Unterkunft einladen. Wir werden wohl laufen müssen. Zum Bus – nicht nach Haifa.

Sonnenmilchwetter

26Feb2016

Ein Blick aus dem Herbergsfenster bestätigt: Tel Aviv macht ernst. Marathon ist wichtig, Marathon geht vor. Alles dicht und gesperrt rund um uns herum. Ein Blick auf die Karte zeigt aber: Der Bus steht doch nicht so weit weg. Also machen sich unsere 20 Unentwegten samt Koffer, Jacken, Rucksäcken und Wasserflaschen Richtung Parkplatz auf. Nicht sehr komfortabel, aber immer noch die beste Lösung, in der Hoffnung, dass man uns den Weg nach Haifa freigibt. Denn da müssen wir hin.

In diesem Zusammenhang möchte ich – sicher auch im Namen der Reisegruppe – zwischendurch mal ein Loblied auf den Erfinder der Koffer-Rolle singen. Ohne ihn (oder sie?) hätten die zwei Kilometer wesentlich länger gedauert. der gute Mann / die gute Frau ist am Ende auch noch Israeli. Wundern täte es uns nicht, denn wer so Dinge wie Whatsapp erfindet, der hat unzweifelhaft einen Sinn fürs Praktische entwickelt.

Von weitem sehen wir sie rennen. Es sind hunderte, tausende, die in roten Sicherheitswesten an uns Koffer-Rollern in beeindruckendem Tempo vorbeirauschen und allgemeines Kopfschütteln verursachen. Warum machen die das? Bei dem Wetter? Halb neun morgens und schon weit über 20 Grad…

Wir erreichen den Bus, müssen aber feststellen, dass wir von Polizei und Läufern quasi umzingelt sind. Wir scheinen auf längere Zeit fest zu sitzen. Mahdi, unser Fahrer, will mal mit den Sicherheitsleuten verhandeln. Zusammen mit der Kollegin Frau Behrendt verschwindet er um die Ecke, um nach wenigen Minuten mit einer guten Nachricht zurück zu kommen: Es geht. Wir dürfen. An dieser Stelle, geneigter Leser und geneigte Leserin, würde sich eine chauvinistische Bemerkung anbieten, in der es um blonde deutsche Frauen und junge israelische Verkehrspolizisten gehen würde. Diese Bemerkung fiel aber der Zensur zum Opfer.

 

Und so schaukeln wir gemütlich an kilometerlangen Staus auf der Gegenfahrbahn vorbei das erste Teilstück Richtung Norden nach Hause. Caesarea Marittima ist ein antiker Hafen – von Herodes (nicht von dem Bösen aus der Bibel … - das war ein anderer) erdacht und erbaut, eine Kreuzfahrer-Stadt, später auch eine Hochburg des Islams -- und war vor 2000 Jahren DIE Party Location für die Bewohner während der römischen und byzantinischen Besatzungszeit. Das beeindruckend große Hippodrom lässt noch erahnen, was damals hier los gewesen sein muss. Unsere Reisegruppe genießt den Meerblick und die Sonne und hört dabei Lisas Vortrag über Caesareas Aufstieg und Verfall.

Liebe Eltern. Wenn Sie hier mitlesen, so nehmen Sie es mit Beruhigung zur Kenntnis, dass der ein oder andere jugendliche Reisende sogar an Sonnenmilch gedacht hat. Gar nicht so verkehrt bei inzwischen 26 Grad.

Das Aquädukt, das Herodes für seinen Hafen anlegen ließ, steht in Teilen heute noch. Was zweitausend Jahre überdauert hat, das geht auch nicht durch Touristen kaputt. Das klingt logisch und daher benutzt unsere kleine Delegation das Gemäuer für eine Kletterpartie. Hocherfreut werden sie von ein paar lässigen arabischen Jungs in ihren coolen Mitsubishis und Toyotas beobachtet. Als der weibliche Teil unserer Delegation in luftiger Höhe auch noch ein kleines Tänzchen aufführt, sind die jungen Männer kurz davor, aus dem Häuschen zu geraten. Wir besteigen daher schnell wieder den blauen Bus und suchen das Weite…

  

 

… das eigentlich ganz nah liegt. Schon eine halbe Stunde später fahren wir an der Reali School vor. Applaus brandet auf und wir fühlen uns wie die Königinnen und Könige, als wir den Bus verlassen. In wenigen Minuten finden sich Gastgeber und Gäste. Yehuda hat die Zuordnung prima hingekriegt, so hat es den Anschein. Noch eine kurze Ansprache und schon rollen die Autos vom Schulparkplatz. Schabat Schalom.

 

Schabat Schalom.

27Feb2016

Am Schabat ruht das öffentliche Leben. Viele Geschäfte haben zu – die Schule sowieso. Auch Lehrer müssen nicht arbeiten. Das Wetter ist prächtig, so um die 22 Grad. Was also tun - an einem solchen Tag in einer Stadt mit kilometerlangem Strand? Hmmm…

Kloster, Kibbuz, Kälbchen

28Feb2016

Dein Mitleid ist angesagt und berechtigt, lieber Leser, angesichts der Tatsache, dass es gerade mal 8 Uhr ist an diesem sonnigen Sonntagmorgen, als wir uns vor der Schule treffen. Die halbe Stunde bis zum Besuch des Schulleiters reicht nicht aus, um all das zu erzählen, was am vergangenen kurzen Wochenende alles passiert ist. Neben gemeinsamen Strandbesuchen und Rudel-Bowling (fast alle waren da) wurde offensichtlich hauptsächlich gegessen – viel gegessen. „Ein Auflauf hätte genügt – bei uns standen vier auf dem Tisch und dann kam noch mehr“ lautet ein Originalkommentar. „Nach den siebzehn Vorspeisen gings erst richtig los“ bestätigt ein anderes Gruppenmitglied mit einem Erlebnis aus einem arabischen Restaurant. Gekrönt wird das Ganze von einem Whatsapp-Foto, auf dem ein ziemlich voll geladener Grillrost zu sehen ist. Man kann nur hoffen, dass dieser Gastgeber vorher noch 10 hungrige Cousins und Cousinen eingeladen hat. Kino, Tel Aviv, Fahrt ans Ende der Welt – wo genau das liegt, war nicht herauszubekommen -, eine Wanderung, Besuch im Reitstall, Klettergarten… langweilig wars also nicht und entsprechend sieht man nur zufriedene Gesichter.

Im Hörsaal, so stellt der Schreiber dieser Zeilen fest, hat sich die Gruppe direkt „gemischt gesetzt“. Da kann man nur sagen: Das deutsch-israelische Verhältnis ist hier und jetzt ein ganz Entspanntes. Der Organisationsaufwand für Israel 2016 fängt jetzt schon an, sich zu lohnen.

Mendi heißt der Schulleiter. Er hat auch einen Nachnamen, aber den kennt hier kaum jemand. In Deutschland kaum vorstellbar, dass Schüler den Schulleiter mit „Moin Hans-Willi“ begrüßen würde. Mendi improvisiert eine kurze Willkommensrede, in der er betont, wie wichtig es ist, dass Lehrer wissen, wie die Welt ihrer Schüler gestrickt ist. Beyoncé ist bei den jungen Israelis „in“, aber auch Izhak Rabin, der tragische Held, Friedensverhandler, Staatspräsident und Nobelpreisträger. Und bei den Deutschen? Wer fällt euch da ein? Wer sind bei uns die kulturellen Leitfiguren? Who are your cultural leaders? Maybe Schumacher? You know, Michael Schumacher, the racist? Trotz dieser kleinen sprachlichen Ungenauigkeit wussten wir, wer gemeint war. Schumacher, the racing driver, gehört eher nicht dazu. Bevor jemand „Der Bachelor“, „Heidi Klum“ oder „Bushido“ reinrufen kann, ist Mendi schon wieder zur Tür heraus.

Denn schon wartet ein Bus auf die 40köpfige deutsch-israelische Delegation. Er bringt uns zum Elijah Karmeliterkloster, einem idyllischen Ort mit grandioser Aussicht – wenn es nicht so dunstig wäre. Auch die Idylle hält sich angesichts der zahlreichen fröhlichen Pilgergruppen in Grenzen. Sie sind gekommen, um den Ort zu besichtigen, an dem laut Bibel die letzte große Schlacht zwischen Gut und Böse stattfinden wird. Da ist es höchste Zeit, mal in die Lunchpaketbox zu schauen. Immerhin ist es ja schon fast halb elf. Der üppige Inhalt lässt alle Endzeitprophezeihungen in den Hintergrund treten.

Pünktlich treffen wir im Kibbuz Yagur ein, eine landwirtschaftliche Kooperative mit 1400 Mitgliedern und eigener Autobahnabfahrt. Es ist eine der letzten ihrer Art, denn sie arbeitet noch immer nach dem Prinzip „alles gehört allen“. So alt das Motte, so ultramodern ist die Agrartechnik, die wir hier vorgeführt bekommen. Vier oder fünf „Hühnerställe“ mit je 20000 Tieren werden von zwei Hühnerchefs gemanagt. Die beklagenswerten Jungtiere wirken auf uns Stadtmenschen, die ihre Vorstellungen von Landwirtschaft meist aus Zeitschriften wie „Landlust“ beziehen, ziemlich schockierend – nicht nur wegen des Geruchs, den sie absondern. Nachdem wir auch bei den Milchkühen und Kälbchen kein viel besseres Gefühl bekommen, sind wir am Ende froh, dass das Kibbuz Museum ohne Tiere auskommt. Beim anschließenden Mittagessen im Kibbuz-Restaurant bleiben die Chicken-Nuggets am Buffet fast alle liegen.

Das Programm des heutigen Tages beschließen wir mit einer kurzen, aber heftigen „Group building“ activity, deren Ziel, den Zusammenhalt der Gruppe zu bestärken, eigentlich längst erreicht ist. So sehen das auch die 40 Teilnehmer, die aber trotzdem einen Riesenspaß haben. Nebenbei ist sogar Zeit, schon den Rest des Tages zu planen.

Eine große Gruppe entschwindet nach der Rückkehr zur Schule direkt Richtung Bahnhof, um 50 km weiter südlich in Tel Aviv mal die Shopping Center in Augenschein zu nehmen. Schon wenig später lassen sich die ersten Beutestücke auf Whatsapp Fotos bewundern.

David Klein.

29Feb2016

Die Militärakademie der israelischen Streitkräfte IDF kooperiert seit Jahren mit der Reali School. Von über 1000 Bewerbern jährlich für diese Armee-Kaderschmiede werden nur 60 angenommen. Die Auswahl ist hart, aber wer einen Platz ergattert, kann sich der Bewunderung seiner Altersgenossen sicher sein. Die Armee genießt ein sehr hohes Ansehen. Schon ab einem Alter von 15 Jahren erhalten die Auswerwählten als Kadetten eine dreijährige militärische Ausbildung in Ergänzung zu den allgemeinbildenden Fächern, die sie auf der Reali School belegen. Ziel ist es, besondere Talente frühzeitig zu erkennen und unabhängig von ihrer Herkunft und sozialen Schicht für spätere Führungsaufgaben auszubilden.

Das alles erfahren wir heute Morgen um kurz nach neun, kurz nachdem wir durch ein Tor im Maschendrahtzaun hinter dem Reali Sportplatz gelassen werden und plötzlich vor einem großen Panzer stehen. Denn zum Auftakt des heutigen Programms zeigen uns zwei smarte 17jährige Jungs in Uniform 30 Minuten lang ihr Reich. Wir erfahren von den Kadetten, dass sich hinter diesem Panzer-Denkmal eine heroische Geschichte verbirgt. Vier junge Soldaten der Militärakademie hatten sich in einem Akt der Verzweiflung entschlossen, während eines „Zwischenfalls“ in der Wüste diesen feindlichen Panzer mit ihren M16 Gewehren anzugreifen. Da sie mit ihren Waffen gegen diesen Stahlklumpen natürlich hoffnungslos unterlegen waren, kamen sie bei diesem Einsatz ums Leben. Der Panzer steht jetzt nicht etwa als Symbol für Dummheit oder die Sinnlosigkeit militärischer Operationen hier, sondern sei ein „Denkmal für Heldentum und Kameradschaft“, so erklärt man uns. Einige aufgeweckte Montessori-Schnelldenker runzeln die Stirn und wollen das nicht so ganz verstehen, aber da geht es schon weiter zu den eben erst neu gebauten Unterkünften des Militär-Internats. Rein dürfen wir nicht, aber man versichert uns, dass der Neubau bestens ausgestattet sei - nur in Ausnahmefällen werde noch gemeinsam geduscht.

Unsere israelischen Gastgeberschwestern und -brüder haben während des kleinen Vortrags längst eigene Diskussionsrunden (mit eigenen Themen) gebildet, so dass es zunehmend schwieriger wird, die Jungsoldaten zu verstehen, obwohl sie nur drei Meter entfernt stehen. Vermutlich kennen unsere israelischen Freunde die Kadettenschule bereits und langweilen sich entsprechend. Ähnliches konnte man schon im Kibbuz Yagur beobachten. Langeweile? Macht nix. Handy raus. Anderes Thema. Und los geht die private Gesprächsrunde. Na gut, sie sind zum Teil über ein Jahr jünger als ihre deutschen Kollegen und müssen eben noch lernen, wie man sich respektvoll verhält.

Eine halbe Stunde kann die fast 40köpfige Gruppe danach auf dem Schulhof die Pausen-Sonne genießen. Überall gibt es Bänke und andere Sitzgelegenheiten, schattig kühle und sehr sonnige Stellen. Die von Studenten geführte Cafeteria hat Hochbetrieb angesichts von Temperaturen deutlich über 25 Grad – und es ist noch nicht einmal Mittag. Lennart schwitzt noch wegen eines anderen Problems: ein riesiges Lunchpaket bringt seinen Rucksack fast zum Platzen – Essen wird man das nicht alles können, denkt er sich. Verteilen kann er seine Chipstüten, Äpfel, Flaschen, Sandwiches und Brötchen auch nicht – Das Verhältnis von Angebot und Nachfrage ist heute einfach sehr ungünstig. Wir werden berichten, wie es ausgegangen ist.

Den zweiten Teil des Vormittags verbringen wir mit David Klein. Er ist Yehudas Großonkel. Der gut 90jährige ist ein „Survivor“ – einer der wenigen noch lebenden Menschen, die die Tötungsmaschinerie der Nazis überlebt haben und heute dafür in Israel sehr verehrt werden. Er ist extra für uns aus Tel Aviv angereist, um uns aus seinem Leben zu berichten. Da es ein langes Leben ist, dauert sein Bericht entsprechend, zumal er sehr langsam spricht und immer mal wieder kleine Pausen einlegen muss. Doch hier, liebe Leserin, lieber Leser, passiert jetzt nicht das, was ihr vermutet. Sehr diszipliniert und aufmerksam verfolgt die gesamte Gruppe David Kleins Erlebnisse in Auschwitz-Birkenau, in Buchenwald und auf mehreren Todesmärschen quer durch Ost- und Mitteleuropa. Er berichtet von unglaublichen Zufällen, die sein Überleben möglich machten, streut auch mal eine etwas aufheiternde Episode ein – kein Zweifel: Der Mann hat sein Publikum im Griff. Er mag zwar gebrechlich sein, aber er bekommt sofort mit, wenn einer der jugendlichen Zuhörer nicht aufpasst. „You there – you are sleeping. Am I boring you?“ Geduldig beantwortet er fast alle Fragen, so dass wir am Ende in drei Stunden über den Holocaust, die Geschichte Israels und Europas mehr gelernt haben, als in drei Jahren Geschichtsunterricht mit Lehrbuch. Eindrucksvoll.

Die gesamte Veranstaltung wurde aufgenommen und steht in wenigen Tagen als Youtube Video zur Verfügung. Wer jetzt schonmal schauen will. Hier IST EIN VIDEO einer früheren Veranstaltung.

Verständlich, dass nach diesem ernsten Thema ein Kontrastprogramm her muss. Der Strand ist in Haifa immer eine Option. Außerdem hat sich eine Gruppe zum Paintball-Spielen verabredet. Wers nicht kennt: Es hat Ähnlichkeiten mit dem alten „Räuber und Gendarm“ – ist aber deutlich martialischer. Klick HIER MAL DRAUF, um einen kleinen Film dazu anzuschauen. Israelis lieben es – in Deutschland gibt es dagegen immer wieder Bestrebungen, solche Spiele grundsätzlich zu verbieten.

Während die begleitenden Lehrpersonen anderen wichtigen Tätigkeiten nachgehen (Korrigieren, eigene Kinder bespaßen), genießen unsere Austauschteilnehmerinnen und Teilnehmer den freien Nachmittag am Strand, oder – in Israel immer eine Alternative – gehen essen.